Erfolgreich auf fallende Kurse setzen?

Der durchschnittliche Anleger in Deutschland setzt auf steigende Kurse. Die meisten haben bisher noch nicht viel bis gar nichts über Leerverkäufe, Short-Positionen oder ähnliches gehört, geschweige denn verwendet. Doch kann es Sinn ergeben solche Instrumente einzusetzen? Und wie funktioniert das ganze überhaupt?

Im Folgenden stellen wir Ihnen alles wichtige zum Thema erfolgreiches Leerverkaufen einfach und vor allem verständlich vor. Denn der Finanzmarkt ist nicht immer leicht verständlich für den privaten Anleger.

Auf fallende Kurse kann prinzipiell bei fast allen Instrumenten gesetzt werden, wie zum Beispiel Aktien, Anleihen, Rohstoffe, und ETFs. Es gibt verschiedene Möglichkeiten auf fallende Kurse zu setzten, dabei werden diese allgemein in zwei Klassen unterteilt: Leerverkäufe und Finanzderivate.

Erfolgreich auf fallende Kurse setzen

Wie kann ich auf fallende Kurse setzten?

Wie bereits zuvor beschrieben gibt es unzählige Instrumente bei denen auf fallende Kurse gesetzt werden kann. Die beiden gängigsten Unterscheidungen dafür sind im Folgenden erklärt.

Leerverkäufe

Dabei ist die wohl bekannteste Methode der Leerverkauf oder englisch Short-Selling (umgangssprachlich auch “Aktien shorten” oder “short gehen”).

Diese Methode auf fallende Kurse zu setzen ist die älteste und wurde ursprünglich erfunden um Waren bereits verkaufen zu können, bevor sie mit der Kutsche geliefert werden. Die langen Lieferzeiten von Waren war also der ausschlaggebende Punkt.

Auch wenn Waren heute nicht mehr Monate brauchen um vom einem Land ins andere transportiert zu werden, bleibt auch heute das Prinzip dennoch gleich.

Das Prinzip:

Person A (Leerverkäufer) leiht sich von Person B (Verleiher) 10 Aktien mit einer Leihgebühr von 1€ und verspricht diese in 3 Monaten zurückzugeben.

Direkt nachdem Person A die Aktien erhalten hat, verkauft sie sie für den aktuellen Marktwert und erhält 100€.

Kurz bevor Person A die Aktien an Person B zurückgeben muss, kauft Person A 10 neue Aktien ein. Der Kurs ist in der Zwischenzeit gesunken und die 10 Aktien kosten nur noch 85€.

Person A gibt die Aktien an Person B zurück und hat erfolgreich einen Leerverkauf getätigt.

Der Gewinn in den 3 Monaten liegt bei
100€ (Verkaufswert) – 85€ (Einkaufswert) – 1€ (Leihgebühr) = 14€ (Gewinn)

Das Prinzip ist also recht simpel. Heute wird der Verleih vollständig von Finanzinstitutionen abgewickelt und der Anleger bekommt das nicht einmal mit.

Es gilt also: der Kurs zum Rückgabezeitpunkt muss niedriger sein als zum Leihzeitpunkt minus der Leihgebühr.

Das Problem:

Jedem erfahrenen Anleger fällt bereits hier das Problem auf: der maximal mögliche Gewinn liegt bei 100% (und zwar nur, wenn die Aktie auf 0€ fällt), der maximal mögliche Verlust liegt hingegen theoretisch im unendlichen (wenn der Aktienwert um ein vielfaches steigt).

Leerverkaufen Sie also beispielsweise eine Aktie für 100€, müssen aber beim Rückkauf 300€ zahlen, haben Sie soeben ihr 100€ Depot in eine 100€ Verbindlichkeit umgewandelt. Herzlichen Glückwunsch!

Zur Erläuterung: Sie hatten ein Depot von 100€. Diese 100€ haben Sie eingesetzt für einen Leerverkauf und erhalten (virtuell) 100€ dafür. Nun haben Sie 200€, müssen aber für 300€ die geliehenen Aktien zurückzahlen. So entstehen für Sie 100€ Schulden.

Es gibt selbstverständlich auch Möglichkeiten ohne 100€ auf den Verfall von Aktien im Wert von 100€ zu spekulieren, mehr dazu später.

Finanzderivate

Finanzderivate stellen eine weitere Methode dar. Derivate sind einfach erklärt jegliche Finanzkontrakte mit einer Laufzeit über 2 Tagen. (Dementsprechend sind binäre Optionen hier nicht aufgeführt, da es sich in der Regel um Finanzwetten über Stunden handelt.)

Die gängigsten Finanzderivate um auf fallende Kurse zu setzen sind:

  • Zertifikate (z.B. Reverse Bonus Zertifikate)
  • Futures (z.B. Mini Future Zertifikate)
  • Optionsscheine (klassisch Put Optionsschein)
  • CFDs (Contracts for Difference)
  • Inverse ETFs (so wie ein klassischer ETF, nur auf fallende Kurse ausgerichtet)

Dabei möchten wir hier nicht auf jeden einzeln eingehen, da es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

Unterschiede:

Wichtig ist dennoch auf Unterschiede aufmerksam zu machen. Finanzkontrakte sind vielfältig und oft kompliziert, es profitieren hauptsächlich erfahrene Anleger.

Ein wichtiger Unterschied besteht in der Kaufverpflichtung. Optionen räumen beispielsweise das Recht zum Kauf eines bestimmten Instruments zu einem festgelegten Preis und Zeitpunkt ein.

Zertifikate verpflichten normalerweise zum Kauf eines bestimmten Instruments zu einem festgelegten Preis und Zeitpunkt.

Es gibt ebenfalls Finanzprodukte die automatisch in Verlusten begrenzt sind, für andere müssen dafür manuell Stops gesetzt werden.

CFDs sind beispielsweise gehebelte Total Return Swaps, welche durch aktuelle EU-Regulierungen es keine Verluste geben darf die über der Summe des eingesetzten Kapitals liegen (Verbot der Nachschusspflicht).

Fazit Finanzderivate:

Es zeigt sich also, dass für ein informiertes Investieren in Finanzderivate eine deutlich tiefere Recherche dringend notwendig ist, besonders da die Risiken für unwissende Anleger teilweise unbegrenzt sind.

Die oben aufgeführte Liste bietet damit einen sehr guten Anhaltspunkt dafür.

Fazit Finanzderivate

Wo kann ich auf fallende Kurse setzten?

Bevor Sie auf fallende Kurse setzen ist es, wie bereits zuvor beschrieben, dringend notwendig sich weiter über verschieden Möglichkeiten zu informieren.

Short-Selling und Finanzderivate sind geeignete Instrumente für erfahrenere Anleger.

Wenn das jedoch erledigt ist, gibt es verschiede Plattformen und Anbieter die das Spekulieren auf fallende Kurse ermöglichen. Darunter sind:

  1. eToro
  2. Interactive Brokers
  3. Plus500
  4. LYNX
  5. IG
  1. eToro ist ein junger Anbieter, welcher sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Die Plattform benötigt eine Mindesteinlage von 200€. Die Bedienung ist recht simpel, besonders für CFDs.
  2. Interactive Brokers wurde bereits vor über 20 Jahren gegründet und konnte einige Erfahrungen im Bereich Short-Selling sammeln. Verfügbare Instrumente beschränken sich jedoch zurzeit auf Leerverkäufe mit Anleihen und Aktien.
  3. Plus500 ist einer der größten Broker weltweit und stellt eine breite Auswahl an handelbaren Instrumenten zur Verfügung. Darunter sind Aktien, Indizes, ETFs, Rohstoffe, Kryptowährungen, Forex und Optionen.
  4. LYNX ist eine Tochter von Interactive Brokers. LYNX bietet allerdings eine deutlich größere Auswahl an Aktien, Fonds, ETFs, Zertifikaten, Optionen und Futures an. Allerdings liegt hier auch die Mindesteinlage bei 4.000€.
  5. IG existiert bereits seit 1974. Es bietet in einer eigenen Online-Akademie mittlerweile sogar Fortbildungen für Anleger an. Die Bandbreite an handelbaren Instrumenten ist auch hier groß. Spezialisiert ist IG im CFD-Handel für Anleger.

Jeder Anbieter hat unterschiedliche Funktionen und stellt unterschiedliche Instrumente zur Verfügung um auf fallende Kurse zu setzen.

Welcher Anbieter für Sie der richtige ist, hängt von Ihren individuellen Bedürfnissen ab.

Macht es Sinn auf fallende Kurse zu setzten?

Um Ihnen die richtige Antwort auf diese Frage zu geben, müssen Sie sich zuerst selbst fragen:

Wie erfahren bin ich als Anleger? Verstehe ich die verschiedenen Finanzprodukte die ich verwenden möchte?

Um als Investor erfolgreich zu sein, sagt Warren Buffet, ist es essenziell zu verstehen, auf was Sie sich einlassen.

Wenn Sie also niemand anderes Erklären können, warum Sie gerade in welches Instrument investiert haben, ist es durchaus wahrscheinlich, dass dieses Investment nicht das richtige war.

Nicht umsonst lag noch bis vor kurzem der Anteil der Privatanleger, die an Leerverkäufen partizipierten in Deutschland weit unter 10%.

Auf der anderen Seite bietet Short-Selling für erfahrene Anleger großes Potenzial hohe Gewinne einzufahren. Denn dieses weniger genutzte Instrument bietet die Möglichkeit in allen Marklagen zu profitieren.

Steigt der Markt, sind im Portfolio mehr Long-Positionen (klassische Ausrichtung auf steigende Werte), entwickelt sich der Markt seitwärts oder abwärts nehmen die Short-Positionen zu.

Der andere Grund, der für den Einsatz von Short-Positionen spricht, ist das Absichern (Hedging) von Werten im Portfolio. Steigt ein Kurs stark und soll er nun gegen einen möglichen Wertverfall abgesichert werden, eröffnet der Anleger eine dazu entsprechende Gegenposition.

[Notizen: Es sollten rechtliche Hinweise zu möglichen Fehlinvestments gemacht werden. Diese Artikel sind keine Investmentberatung]

Posted: 9.05.2021 | Dawid Siłowacki
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